Geboren in Berlin: 7 Merkmale eines „echten“ Berliners
Gestattet, dass ich mich vorstelle: Ich gehöre einer aussterbenden Art an. Ich bin Berlinerin. Hier geboren und hier aufgewachsen. Die meisten Menschen, denen ich von meiner Herkunft erzähle, reagieren verwundert: „Wie? Heißt das, du bist WIRKLICH hier geboren?“ Mit dem Mythos „Berlin“ wie er häufig in Reisebeschreibungen, zwischen erwartungsvollen Berlinbesuchern oder Neuberlinern kursiert, kann der durchschnittliche Ur-Berliner wenig anfangen. Unsere Art, diese Stadt wahrzunehmen ist anders. Wir haben nicht das Gefühl alles (mit)erleben zu müssen oder irgendetwas zu verpassen, das vielleicht gerade der große Schrei ist. Vielleicht sind es folgende sieben Punkte, die uns BerlinerInnen von anderen unterscheiden.
1. Wir sind die letzten, die mitbekommen, wo es gerade cool oder angesagt ist.
Frage nie einen Berliner, wo man in Berlin gerade hingeht. Er weiß es nicht. Denn: „Echte“ Berliner verlassen selten ihren eigenen Bezirk. Unser Bezirk ist unser Dorf. Hier wohnen unsere Freunde, hier ist unsere Zahnärztin, unser Lieblingsbäcker, unser Supermarkt, unser Kindergarten, unsere Stammkneipe, unsere Grundschule, unser Gymnasium, unser Arzt des Vertrauens, unser Fitnessstudio, unsere Familie. Zum Glück haben einige von uns auch manchmal Freunde, die nicht aus Berlin kommen. Die sagen uns dann, wenn wieder irgendwo in der Stadt ein neuer Club oder eine neue Bar aufmacht. „Acht, jetzt echt? Also vor 5 Jahren gab’s das noch nicht?“
2. Unser Verhältnis zu roten Ampeln ähnelt dem von Sizilianern.
In einem gewissen Punkt sind sich Italiener und Berliner gar nicht unähnlich. Ich spreche hier nicht von einer fantastischen Küche oder großen Gefühlen. Wie viele Italiener (so, meine Erfahrung), kümmern sich auch Berliner nicht viel um rote Ampeln. Besser gesagt, wir kümmern uns ziemlich viel um rote Ampeln, denn, man könnte fast meinen, nur bei rot darf ein „echter“ Berliner über die Strasse gehen.
3. Geld? Pff! Alles nur Kommerz!
Wir haben kein Geld. Das ist so. Wir sind nicht die Besitzer, der Häuser in denen wir wohnen. Wir kommen meist auch nicht aus Familien, die im Geld schwimmen. Über Jahre begnügen wir uns damit, Arbeiten nachzugehen, die nicht viel abwerfen. Und das hat alles nichts mit fehlender Intelljenz, fehlender Ausbildung oder fehlender Unilaufbahn zu tun. Wir sind einfach zu cool, zu schüchtern oder zu stolz etwas anderes zu machen. „Arm, aber sexy“, sagte einmal unser ehemaliger Bürgermeister Klaus Wowereit über Berlin. Und genauso fühlen wir uns. Wir ziehen es vor, „Künstler“ zu sein oder die Teller in einer alternativen Bar zu waschen, als für irgendjemanden zu arbeiten, der uns sagt, was wir zu tun oder zu lassen haben.
4. Es gibt Dinge, die wir nicht hören wollen.
Es gibt Dinge, die du nie ansprechen solltest, wenn sich gerade ein Berliner in Hörweite befindet: öffentliche Verkehrsmittel, Mieten, Flughäfen, Mieten, Olympia, Flughäfen, die Bundesliga, München, Stuttgart. Über diese Dinge wollen wir weder hören noch wissen. Wir sind perfekt und unsere Welt endet in der Mitte Deutschlands. Bayern? Baden-Württemberg? Gehören zu Österreich. Oder zu Bayernland oder zu was auch immer.
5. Die Hipster sind immer die anderen.
Es gibt ein Gesetz. Ein „echter“ Berliner ist nie ein Hipster. Der Begriff „Hipster“ wurde erfunden um die anderen zu beschreiben. Ein „echter“ Berliner kann hautenge Jeans oder Jutebeutel tragen, sich einen Vollbart wachsen lassen oder sich einen Undercut machen, Piercings tragen und Club Mate trinken als ob es Wasser wäre, aber er wird nie ein Hipster sein. Punkt.
6. Wir sprechen das aus, was uns auf der Zunge liegt.
Wir sind ehrlich und direkt. Aber so, dass es weh tut. Wir sagen, was wir denken, ohne uns von Anstandsregeln, sozialen Konventionen oder Etiketten aufhalten zu lassen. Ein „echter“ Berliner würde niemals lügen, nur damit du dich besser fühlst. Am Anfang, hält du dieses Verhalten wahrscheinlich für ungehobelt, und du hast Recht. Aber nach einiger Zeit wirst du verstehen, dass diese direkte Art zu Reden für uns so etwas wie unseren Lebensstil darstellt und sogar unsere, zugegeben etwas linkische Art ist, Zuneigung, Liebe und Respekt zu zeigen.
7. Den „echten“ Berliner gibt es nicht.
Wer sind wir also? Eine aussterbende Art? Eine Minderheit, so klein, dass man gar nicht mehr von einem „echten“ Berliner reden kann? Der „echte“ Berliner ist ein Phantom. Der „echte“ Berliner ist nicht einmal in Berlin geboren. Der „echte“ Berliner ist sogar nicht einmal zwingend Deutsche(r). Der „echte“ Berliner ist Türkin, Araber, Italienerin, Spanier, Jude, Schwäbin, Bayer, Marsmensch, Hipster, Tourist. Der „echte“ Berliner ist der Nachbar, der Pizzabäcker, der Fahrkartenkontrolleur, die alte Frau aus dem Supermarkt. Der „echte“ Berliner bist du. Der „echte“ Berliner sind wir, die wir alle in dieser Stadt wohnen und deren Unterschiedlichkeit den Geist dieser Stadt ausmacht.
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Photo: ©abbilder CC BY SA 2.0